Was wäre, wenn du easy nachhaltiger leben könntest?

«Essen, Trinken und ein bisschen Nachhaltigkeit.» So lautete das Motto des «Was wäre, wenn?»-Events, der vergangenen Dienstagabend zum ersten Mal stattfand. Rund 80 Studierende diskutierten einen Abend lang in entspannter Atmosphäre über Bereiche unseres Alltagslebens, in denen die Nachhaltigkeit oft zu kurz kommt – und wie man genau dies einfach ändern könnte.

Die sonst so kühl wirkende Education Zone der FH Graubünden im Somedia-Gebäude verwandelte sich am 19. November in eine gemütlich eingerichtete Lounge. Getränke wurden aus Glasspendern geschenkt und in Glasbecher abgefüllt, während draussen vor dem Eingang Bio-Burger auf dem Grill brutzelten. An den kleinen Tischgruppen, die mit Solarjars und Teelichtern beleuchtet waren, versammelten sich Studierende aus allen möglichen Studiengängen der FH Graubünden, um sich untereinander über die neuen Denkanstösse, die sie in den verschiedenen Workshop-Sessions der Veranstaltung erhalten haben, auszutauschen. Rund um sie herum ragten grosse Deko-Elemente aus Ästen und Holzpaletten in die Höhe. Es war ein Anlass, der voll und ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit stand. Hier ein Einblick in den Abend.

Lokale Lebensmittel einkaufen ist nachhaltig

Nachhaltigkeit wird gerne mit unseren Essgewohnheiten in Verbindung gebracht. Das ist naheliegend, schliesslich sind diese heutzutage, das wissen viele, alles andere als umweltschonend. Stichwort «Nur weil es gesund ist, heisst das nicht, dass es auch nachhaltig ist.» Aber wann kann man als Konsument sicher sein, dass das Eingekaufte tatsächlich nachhaltig produziert worden ist? Drei Mitarbeitende des Plantahof aus Landquart, einer landwirtschaftlichen Ausbildungsstätte mit über hundertjähriger Geschichte, brachten in der Food-Session Licht ins Dunkel. Relevant sind zum Beispiel die diversen Lebensmittel-Labels (wie Bio, Demeter, IP-Suisse, MSC etc.). Zertifizierungen geben nicht nur dem Kunden Sicherheit, auch als Bauer rentiert sich ein Label eigentlich immer, da man als Bio-Landwirt seine Produkte z.B. teurer verkaufen kann.

Am nachhaltigsten wäre aber, wenn mehr Kunden direkt bei ihrem lokalen Hof einkaufen würden. Viele Bauern bieten ihre Produkte deshalb auch online an, z.B. in einem Abo, mit welchem man einmal pro Woche einen Korb mit frischem Gemüse erhält. Ebenfalls ein wichtiges Fazit aus dem Workshop: Man kann sich auch problemlos nachhaltig ernähren, wenn man nicht auf Produkte tierischer Herkunft verzichtet. Nathalie, eine Besucherin des Workshops, erklärt: «Es hilft schon, wenn man auf die Herkunft der Lebensmittel achtet und regionale Produkte konsumiert. Der Plantahof hat einen coolen und informativen Workshop gestaltet, der einen neuen Denkanstoss lieferte.»

Das Team vom Plantahof diskutiert mit den Workshop-Teilnehmenden über eine lokale und nachhaltige Ernährung. (Bild: Alexandra Sutter)

Leere Züge in der ganzen Schweiz

Der Mobility-Workshop wurde von Reto Luescher durchgeführt, der bei der SBB als Leiter «Dynamisches Pricing» tätig ist. Zum Einstieg in die Diskussion lieferte er ein paar Facts, die selbst die erfahrensten Pendler in der Runde zum Staunen brachten, denn: Insgesamt ist das Schienennetz der SBB nur zu 27,9% ausgelastet. Während den Stosszeiten herrscht zwar Ausnahmezustand, aber in den Stunden dazwischen ziehen die Züge mehr oder weniger leer durchs Land. Wie könnte man dem entgegenwirken? Wir von easynachhaltig wagten, eine etwas provokante Leitfrage in die Diskussions-Runde zu werfen: «Was wäre, wenn alle nur noch mit dem öffentlichen Verkehr fahren würden?»

Auf den ersten Blick ist die Antwort naheliegend: Die SBB wäre total überlastet. So einfach ist die Lösung also nicht. Aber im gemeinsamen Brainstorming kamen doch einige gute Inputs zusammen, wie man die leeren Zugabteile auch tagsüber füllen könnte. Um das öV-Netz optimal nutzen zu können, müssten z.B. die klassischen Büroarbeitsplätze sowie der individuelle Arbeitsalltag anders angelegt werden. Eine Lösung wären mehr Co-Working-Spaces. Wenn man flexibler arbeiten kann, muss man nicht zwingend um 8.00 Uhr morgens von Zürich nach Bern pendeln, sondern kann auch zu Randzeiten an eine Sitzung anreisen.

Eine weitere Lösung wäre der Ausbau des Sparbillett-Angebots, das in den letzten Jahren und Monaten stark an Beliebtheit gewonnen hat und u.a. auch neue Kundschaft anlockt. Einziges Manko ist, dass man die Sparbillette aus technischen Gründen momentan nicht am Ticketschalter beziehen kann. Schade, findet Isabelle gegen Ende des Workshops: «Logisch, alle sollten aufs Handy umsteigen, aber v.a. Rentner, die kein Smartphone haben oder damit überfordert sind, würden das Angebot sicherlich gerne nutzen, da sie sowieso mehr oder weniger den ganzen Tag Zeit haben und oftmals aufs Budget achten müssen.» Reto Luescher versicherte den Studierenden aber, dass die SBB eine Integration der Sparbillette ins Automaten-Angebot für die Zukunft durchaus in Betracht zieht.

Reto Luescher ist der Leiter «Dynamisches Pricing» bei der SBB. (Bild: Alexandra Sutter)

Wir sollten unsere Kleider viel länger tragen

Wir kaufen so viel ein wie noch nie zuvor. Und das hat seine Folgen: Im Zeitalter von Zalando & Co. tragen Herr und Frau Schweizer ein Kleidungsstück im Schnitt nur vier Mal, bevor er oder sie es aus der Garderobe aussortiert und wegwirft. Nachhaltig ist das nicht. Dass die globale Textilindustrie alles andere als umweltfreundlich ist, dürfte den meisten bewusst sein. Die Probleme beginnen bereits bei der Produktion. So verbraucht die Herstellung einer Jeans rund 7’000 Liter Wasser. Ein Wert, der in keinem Verhältnis zum Nutzen des Endprodukts steht. «Was wäre, wenn Fast Fashion verboten wäre?» So lautete das Thema des Textile-Workshops, der von zwei Vertreterinnen des StudentHUB der FH Graubünden geleitet wurde.

Die schwerwiegenden Missstände der Industrie (wie bspw. die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, unter denen die Mitarbeitenden in den Produktionsstätten leiden) als Endkonsument zu beheben, ist mehr als schwierig. Man kann aber sein eigenes Konsumverhalten anpassen und so immerhin einen kleinen Beitrag zur Besserung leisten. Anstatt «Will ich diesen Pullover wirklich?», könnte man sich zum Beispiel fragen: «Brauche ich diesen Pullover wirklich?»

Man sollte Kleidungsstücke zudem länger tragen – der aktuelle Durchschnittswert von vier Mal ist wahnsinnig tief. Eine Möglichkeit wären sogenannte «shared closets», Flohmärkte oder Kleiderswaps, wie sie z.B. in Chur von Cambiela bereits angeboten werden. Auch Secondhand-Läden oder die gute alte Brocki sind Orte, die sich immer über gebrauchte Kleider aller Art freuen.

«Wir leben in einer Konsumgesellschaft.» Zwei Vertreterinnen des StudentHUB der FHGR leiten die Textile-Session. (Bild: Alexandra Sutter)

Wie kann die FH Graubünden ihren Plastikverbrauch reduzieren?

Wir haben es bereits in einem früheren Blogbeitrag gesagt und haben sogar eine ganze Guerilla-Aktion dazu gestartet: Wir nehmen täglich Mikroplastik zu uns: über das Trinkwasser, über die Nahrung und über das blosse Atmen. Gemäss einer WWF-Studie kommen pro Woche bis zu fünf Gramm Mikroplastik in den Körper eines Menschen – das entspricht etwa dem Gewicht einer Kreditkarte. Diese Vorstellung schreckt ab und stimmt nachdenklich, auch wenn noch nicht feststeht, ob und inwiefern die kleinen Plastikteile dem Körper schaden. Aber «was wäre, wenn du keinen Mikroplastik im Körper hättest?» Wäre natürlich super (logisch).

Um den Konsum von Plastik reduzieren zu können, muss zuerst dessen Nutzung so gut wie möglich minimiert werden, erklärte Natacha Espirito Santo den Workshop-Teilnehmenden der Waste Session. Sie eröffnete letztes Jahr in Chur oba aba, den ersten Zero-Waste-Laden im Kanton Graubünden. Sie hatte ausserdem im Vorfeld des Events mit der Studienleitung vereinbart, die Inputs, die sie von den Studierenden erhält, direkt weiterzuleiten. Wo könnte die FH Graubünden also ihren Plastikkonsum reduzieren? Es kamen viele Vorschläge. In einem Roundup fasste Natacha die wichtigsten Ergebnisse des Abends zusammen: Das Essensangebot ist aktuell, vor allem für die Studierenden im Somedia-Gebäude, absolut ungenügend. Abgesehen vom Coop Pronto gegenüber, der zwar ein akzeptables Angebot hat, aber auch alles in gefühlt mindestens zwei Plastikschichten verpackt, stehen den MMP-Studierenden gerademal drei Mikrowellen für die Essensversorgung zur Verfügung. Wie wäre es also, wenn man z.B. einen Kühlschrank einrichtet, wo man sein Essen bis zur Mittagspause angemessen lagern könnte? Und braucht es den Selecta-Automaten überhaupt? Er wird ohnehin beinahe nie gebraucht. Man könnte zumindest sein Produktsortiment hinterfragen. Eine Auswahl an saisonalen Hofprodukten aus der Region würde höchst wahrscheinlich auf mehr Anklang stossen als Chips und Schokoriegel.

Die Workshop-Teilnehmenden der Waste-Session erarbeiten mit «oba aba»-Gründerin Natacha Espirito Santo alternative Varianten für die Essensversorgung an der FH Graubünden. (Bild: Alexandra Sutter)

Follow-up bereits geplant

Der «Was wäre, wenn?»-Event war sowohl für uns – das easynachhaltig-Team – als auch unsere Gäste und Partner ein gelungener und lehrreicher Abend: «Es war total super, haben sich bei den Sessions so viele eingebracht und wirklich gute Inputs geliefert. Und überhaupt hat die EduZone noch nie so gemütlich und einladend gewirkt wie heute», lautete ein Feedback.

Das freut uns natürlich! ???? Und deshalb steht auch bereits fest, dass nächstes Jahr wieder ein «Was wäre, wenn?»-Event stattfinden wird. Ziel ist es, die Veranstaltung in die Churer «Sustainability Week» zu integrieren und sie somit auch externen Interessierten zugänglich zu machen. Man darf gespannt sein.